Freitag, 28. August 2009

Die Identität der Russen

Wenn man länger hier ist (Es ist ein Jahr nun, Wahnsinn und HURRA) fragt man sich schon ab und an was treibt die Russen denn so an? Warum sind sie so wie sie sind? Natürlich habe ich keine wirkliche Ahnung davon, kann mir nur meine eigenen Gedanken machen. Es heißt ja immer so schön, das sei die „Russische Seele“ die Ausländer nie verstehen werden. Was immer das auch heißen mag, ich habe es nie verstanden, vielleicht ist das auch nur eine einfache Erklärung dafür, dass die Russen es selber nicht wissen.

Wie dem auch sein, mit dem Fall des Kommunismus scheint es mir, das die Russen in eine Art Identitäts-Krise gefallen sind. Gerade das kann ich (als ehemaliger „kleiner Bruder“ der Sowjetunion) durchaus selber nach vollziehen. Wenn all die Werte, die jahrelange vorgeben, vorgelebt worden sind, von einen auf den anderen Tag verschwinden bzw. einem eingetrichtert wird wie falsch die doch waren…ja was nun? Ein Volk sucht dann wohl neue Vorbilder oder was dafür gehalten wird.

Die Russen scheinen in jedem Fall Teile ihrer Identität verloren zu haben. Viele folgen heutzutage einem „Klischee ->Vorbild“ das ihnen speziell durch die Medien, Hollywood Filme und durch Werbung vorgegeben oder besser suggeriert wird. Das wiederum mit solch einer Energie und Passion, die ich noch nie erlebt habe und wohl auch auf der Welt recht einmalig sein könnte. Die Männer versuchen eine Art „reiches Alphatier“ darzustellen und dabei jedem zu beweisen wie männlich sie doch sind. Und die Frauen? Mir scheint sie folgen dem „Sex in the City“ oder „Modell“ Idealbild. Markennamen sind ein Heiligtum. Dieser Trend wird kopiert so gut es geht und dabei nicht selten in einer sehr skurrilen Art und Weise übertroffen.

Verstärkt wird diese Haltung durch das Denken, sich mit Geld alles kaufen oder eben alle Probleme lösen zu können….nun ja, leider haben sie damit zumindest in Russland auch noch Recht.

Es dreht sich alles um Statussymbole und das sichtbare zeigen zu wessen man fähig ist. Aber vielleicht ist es genau das, was die Tradition der Russische Kultur aber auch ausmacht.

PS: Natürlich trifft das zuletzt genannte nicht auf alle Menschen hier zu. Es ist eine bewusste Vereinfachung. Vielleicht ist das auch eine speziell, sehr Moskau getriebene, Sichtweise und hier in der Provinz halten sich diese Auswüchse auch in Grenzen, obwohl es sie gibt. Viele Menschen die ich getroffen habe und mit denen ich arbeite werden von ganz alltäglichen Sorgen „gefangen“ gehalten, da ist wenig Platz für Glamour. Ich bin mir allerdings sehr sicher, sobald sie die Möglichkeit hätten, würden sich die meisten von Ihnen sofort ähnlich verhalten. Fragt man Russen warum das so ist…nun ja die Russische Seele…

Alles wird Gut

Dienstag, 25. August 2009

Was Russland so einmalig (schön) macht. (Teil 1)

Heute schriebe ich einmal über ganz verschieden Dinge, die auf den ersten und wohl auch zweiten Blick in keinem ursächlichen Zusammenhang stehen. Obgleich sie es doch tun, da es Dinge betrifft die mir an Russland aufgefallen sind….es ist also mal wieder eine ganz persönliche Sichtweise.


Volksgesundheit

Achtung ich sage es bewusst im Voraus. Die ersten der nun folgenden Sätze sind pure Ironie.

Die Russen an sich müssen ein extrem gesundes Volk sein. Gesund bis zum geht nicht mehr sozusagen. Man sieht auf den Straßen, auch bei größter Anstrengung, so gut wie keine Menschen mit einer (sichtbaren) Behinderung. Niemand in Rollstühlen, nix. Da liegt dieser Schluss doch recht nah und man fragt sich, wie machen die Russen das nur? Ist es doch der gute Wodka? Leider ist dem ganz und gar nicht so.

Es ist fast ein Ding der Unmöglichkeit für Menschen z. B. mit einer Gehbehinderung überhaupt die Wohnung zu verlassen bzw. sie zu erreichen. Da wäre als erstes die Eingangstür. Diese liegt meist etwas erhöht und ist nur durch Treppen zu erklimmen, von eventuellen Rollstuhlaufgängen scheint hier noch keiner etwas gehört zu haben. Sollte das allerdings geschafft sein könnte man sich eigentlich freuen, denn viele Häuser (Plattenbauten für die Kenner der Szene) haben einen Fahrstuhl. Ok, meist sehr klein, alt und eine gewisse Risikobereitschaft gehört dazu den zu benutzen, aber immerhin. Ganz dumm ist es nur, dass keiner diese Fahrstühle auch im Erdgeschoss beginnt. Warum auch, wo doch auch die erste Etage bzw. Hochparterre ein sehr schöner Ausgangpunkt ist. Der geneigte Leser ahnt es schon, genau, wieder Treppen um dahin zu gelangen. Dass es in den Wohnungen ähnlich beschwerlich sein wird, sei nur am Rande erwähnt. Erschreckend ist dabei, dass ich hier nicht von sehr alten Gebäuden spreche, nein auch die vielen neuen Häuser sind von Behindertengerechten Eingängen so weit entfernt wie wir vom Ende der Wirtschaftskrise.

Sollte man es allerdings trotz dieser Hindernisse geschafft haben, das Haus doch zu verlassen und versucht einen banalen Einkauf zu tätigen, scheitert man ein weiteres Mal kläglich. Mehr als das Wetter zu genießen wird ohne fremde Hilfe nicht möglich sein. Von mir geschätzte 90% der Geschäfte haben entweder eine Stufe am Eingang oder sind gar gleich nur über eine Treppe zu erreichen, das gleiche gilt für Restaurants. Keine Ahnung warum das hier so erlaubt ist, es scheint keinen zu kümmern oder es gibt wichtigere Dinge. Das Menschen mit Behinderung, die hier auch meist keiner Arbeit nachgehen können, bei den staatlichen Mini-Renten ganz besonders zu leiden haben, verschlimmert die Situation nur noch. Als ich meine Russen fragte Patchemu (warum?)….meinten sie nur ‚was mir doch alles so auffällt’...und auch wenn sie sich der Problematik bewusst sind. Es sei halt so.


Restaurants

Ich mag ja die englische Pub-Kultur. Einer der Gründe liegt in der Tatsache begründet, dass es dort meist eine sehr angenehme Mischung aus Jung und Alt gibt, die die Altersstruktur der Gesellschaft gut wieder spiegelt. Das ist selbst bei uns in Deutschland leider eher selten zu finden. Russland toppt (natürlich) wieder alles. Am Anfang ist mir das gar nicht so bewusst gewesen, nur nach einer gewissen Zeit habe ich mich gefragt wo sie denn sind, die älteren Menschen? In einem Restaurant oder einer Bar in jedem Fall nicht. Das ist nun leider keine Übertreibung aber in dem einem Jahr in Russland habe ich in keinem Restaurant auch nur einen alten Menschen (Alt = 60 aufwärts) gesehen. NIE. Das ist sehr erschreckend. Insbesondere wenn man sich bewusst wird warum. Zum einem ist das eine Generationsfrage, in der Zeit der Sowjetunion war es nicht üblich Restaurants aufzusuchen, man traf sich meistens Privat, in der Datscha (Russische Art des Wochenendhauses) oder in der Natur. Der weitaus bedeutendere Fakt ist aber leider, das insbesondere die ältere Generation mit einer staatlichen Rente (so um die 100€) sich es schlicht weg nicht leisten kann. Wenn man kaum die Grundbedürfnisse bezahlen kann, ist das eine logische Konsequenz. Aber, wen wundert es auch, das andere Extrem ist nicht weit. Denn gemessen daran, welch großer Teil der Bevölkerung ausgeschlossen bleibt, existieren unheimlich viele (auch teure) Restaurants, meist sehr gut besucht und das nicht nur am Wochenende. Eine kleinere Anzahl von Menschen hat Geld und gibt dieses bereitwillig aus. Jeden Tag.

Wird fortgesetzt...

Alles wird Gut oder „Unsere Träume können wir erst dann verwirklichen, wenn wir uns entschließen, daraus zu erwachen.“ (Josephine Baker)